GPO 2025

Erneuerung des globalen Sicherheitsnetzes: Über die Verbreitung von FMNR

Beim Schutz der ökologischen Vielfalt steht viel auf dem Spiel. Die auf dem afrikanischen Kontinent bewährte Praxis der FMNR - Farmer Managed Natural Regeneration - muss weltweit verbreitet werden, und Genf kann dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Geneva Policy Outlook
20. Januar 2025
5 Minuten lesen
© Irene Ojuok

Tony Rinaudo, Juliet Bell und Athena Peralta

Die Welt steht vor zahlreichen ökologischen Krisen, wie der klimabedingten Vertreibung von Menschen und der raschen Verschlechterung lebenswichtiger Erdsysteme. Schätzungen zufolge sind weltweit 3,2 Milliarden Menschen von Bodendegeneration betroffen. Auch wenn es keine Lösung gibt, die all diese Herausforderungen auf einmal lösen kann, so ist Farmer Managed Natural Regeneration (FMNR), eine von Landwirten selbst verwaltete natürliche Regenerationsmethode, die auf traditionellem Wissen aus Niger basiert, ein kostengünstiger und wirkungsvoller Ansatz, um verarmte Böden durch die Nutzung der vorhandenen Vegetation wieder zu begrünen. FMNR hat sich seit über 40 Jahren bei Kleinbauern in Afrika bewährt. Heute wird es in mehr als 40 Ländern praktiziert, wo es Gemeinschaften hilft, Armut, Hunger, Klimawandel und den Verlust der Biodiversität zu bekämpfen und gleichzeitig klimaresiliente Landschaften zu schaffen. Die Erweiterbarkeit und die geringen Kosten von FMNR machen es zu einem unverzichtbaren Instrument der Umweltsanierung. Im Vergleich zu Baumpflanzungen, die zwischen $ 400 und $ 8000 pro Hektar kosten können, liegen die Kosten hier bei $ 20 pro Hektar. Obwohl FMNR bereits seit zwei Jahrzehnten erfolgreich umgesetzt wird, ist sein Potential noch immer nicht voll ausgeschöpft. Eine bessere Wahrnehmung und mehr politische Unterstützung sind notwendig, damit die globale Wirkung endlich anerkannt wird.

Auch wenn es keine Lösung gibt, die all diese Herausforderungen auf einmal lösen kann, so ist Farmer Managed Natural Regeneration (FMNR), eine von Landwirten selbst verwaltete natürliche Regenerationsmethode, die auf traditionellem Wissen aus Niger basiert, ein kostengünstiger und wirkungsvoller Ansatz, um verarmte Böden durch die Nutzung der vorhandenen Vegetation wieder zu begrünen.

Die Wirkung von FMNR

FMNR kann bereits beachtliche Erfolge vorweisen. Allein in Niger wurden in 20 Jahren rund 5 Millionen Hektar Ackerland wiederhergestellt, eine Fläche doppelt so groß wie die Schweiz. Die Baumdichte stieg von 4 auf 40 Bäume pro Hektar, was zur Wiederaufforstung von rund 200 Millionen Bäumen führte. Die Kleinbauern waren die treibende Kraft hinter dieser Entwicklung. Die Ergebnisse sind beachtlich: Jährlich werden nun 500.000 Tonnen Getreide mehr produziert, wovon 2,5 Millionen Menschen profitieren. Umgerechnet bedeutet dies ein zusätzliches Bruttoeinkommen in Höhe von 900 Millionen US-Dollar pro Jahr, von dem 4,5 Millionen Menschen profitieren. 

Allein in Niger wurden in 20 Jahren rund 5 Millionen Hektar Ackerland wiederhergestellt, eine Fläche doppelt so groß wie die Schweiz.

Darüber hinaus trägt die FMNR zur Kohlenstoffbindung bei und speichert zwischen 5 und 10 Millionen Tonnen CO2 jährlich in Niger gespeichert. Konservative Schätzungen gehen von einer Fläche von 18,2 Millionen Hektar aus, die sowohl traditionell bewirtschaftete als auch FMNR-geförderte Gebiete umfassen. Dies entspricht in etwa der Fläche Kambodschas.

Beschleunigung von FMNR durch glaubens basierte Organisationen und Bewegungen

Um das Potenzial von FMNR voll auszuschöpfen, ist es wichtig, über Projekte hinauszugehen und eine Graswurzelbewegung aufzubauen. Wenn Landwirte, Frauen und Jugendliche in die Wiederaufforstung einbezogen werden, kann sich die Einstellung von Gemeinden und Regierungen zur Rolle von Bäumen in der Landschaft ändern. In der Vergangenheit wurden Bäume als Hindernis für die Landbewirtschaftung angesehen, obwohl sie für die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, für die Wasserrückhaltung und für ertragreiche Ernten unerlässlich sind. Lokale und internationale Bewegungen (einschließlich multireligiöser, ökologischer, unternehmerischer und pädagogischer Bewegungen) sind von entscheidender Bedeutung, um diesen Bewusstseinswandel herbeizuführen und eine breite Umsetzung zu fördern. Glaubens basierte Organisationen (GBOs) wie World Vision und der Ökumenische Rat der Kirchen spielen eine wichtige Rolle beim Aufbau dieser Bewegungen. Mit ihren weitreichenden Netzwerken und engagierten Mitgliedern treiben GBOs Verhaltensänderungen voran und fördern den Umweltschutz. Ein gutes Beispiel für das Engagement der GBOs bei der Bewältigung von Umweltproblemen ist das Genfer Interkonfessionelle Forum zu Klimawandel, Umwelt und Menschenrechten. Religiöse Führer, die tief in den lokalen Gemeinschaften verwurzelt sind, können ihren Einfluss geltend machen, um Landwirte, Industriemagnaten und politische Entscheidungsträger dazu zu bewegen, FMNR zu übernehmen. Personen in religiösen Ämtern können FMNR in ihre Predigten einbauen und so Landwirte und Gemeinden ermutigen, nachhaltige Landbewirtschaftung Praktiken zu übernehmen. GBOs setzen sich auch für politische Reformen ein, die ein günstiges Umfeld für FMNR schaffen.

Glaubens basierte Organisationen (GBOs) wie World Vision und der Ökumenische Rat der Kirchen spielen eine wichtige Rolle beim Aufbau dieser Bewegungen.

Genfs einzigartige Rolle als internationaler politischer Knotenpunkt

Um erfolgreich zu sein, braucht FMNR ein politisches Umfeld, das diese Methode ermöglicht. Für Landwirte, die in FMNR investieren wollen, ist eine sichere Grundbesitzstruktur von entscheidender Bedeutung. Finanzielle Anreize wie Subventionen, Zuschüsse oder Steuererleichterungen ermutigen Landwirte, nachhaltige Anbaumethoden anzuwenden. Die Umsetzung kann beschleunigt werden, indem man FMNR in nationale und regionale Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und in Strategien zur Katastrophenvorsorge integriert . Untersuchungen zeigen Beispielsweise, dass FMNR die Erträge um bis zu 300% steigern können, was das Potenzial zur Verbesserung der Ernährungssicherheit verdeutlicht.

In seiner Rolle als internationaler politischer Knotenpunkt ist Genf gut positioniert, um als Katalysator für die Verbreitung von FMNR zu fungieren. In Genf sind zahlreiche umweltpolitische Think Tanks und internationale Organisationen ansässig, die sich schwerpunktmäßig mit dem Schutz der Umwelt befassen. Die Stadt ist daher ein idealer Ort für den Dialog und die Förderung von FMNR. So kann beispielsweise die Geneva Association, die sich mit globalen Versicherungsrisiken befasst, einen wichtigen Beitrag zur Förderung von FMNR als Risikominderungsstrategie leisten. Durch die Wiederbegrünung der Landschaft mittels FMNR können Klimarisiken und damit mögliche Schadensforderungen reduziert werden. Genf kann eine Politik, eine Politik unterstützen, die die Wiederherstellung der Landschaft fördert, indem sie das Bewusstsein für den Einfluss von FMNR auf die Risikominderung in internationalen Lieferketten schärft.

Aufruf zum Handeln

FMNR wird bis 2025 dank der Investitionen von World Vision Australia in vier Impulsländern deutlich wachsen. Diese Länder haben gezeigt, dass sich FMNR schnell von der Gemeinde auf die Region und von dort auf die Nation ausgeweitet werden kann und auch in viele regionale Programme von World Vision in verschiedenen Orten der Welt integriert werden kann. Dies beweist die Anwendbarkeit in unterschiedlichen biophysikalischen Umgebungen und sozioökonomischen Konfigurationen. Ausgehend von seinen Ursprüngen und den bedeutenden Erfolgen, die es in Niger erzielt hat, wird FMNR nun als eine Lösung anerkannt, die auf der ganzen Welt ausgedehnt werden kann, um Land ganz schnell wieder nutzbar zu machen. Wenn wir jetzt den Schwung nutzen, den FMNR durch die internationalen Klimakonferenzen und durch Veranstaltungen wie die ökumenische Zeit der Schöpfung und das Erlassjahr in Rom zu erhalten, dann können wir FMNR zu internationaler Sichtbarkeit verhelfen. Diese Plattformen, die von Glaubensgemeinschaften getragen werden, setzen sich für die Umsetzung von FMNR als wichtige Lösung im Kampf gegen den Klimawandel ein.

Politische Entscheidungsträger, Forscher und Fachleute müssen ihr Wissen austauschen, um die Vorteile von FMNR hervorzuheben. Dazu gehören die Verringerung der Armut, die Steigerung der Nahrungsmittel- und Holzproduktion und die Verbesserung der Klimaresilienz.

Um sich weltweit auszubreiten, braucht FMNR Fürsprache, Wissensaustausch und strategische Einflussnahme in politischen Räumen wie Genf. Politische Entscheidungsträger, Forscher und Fachleute müssen ihr Wissen austauschen, um die Vorteile von FMNR hervorzuheben. Dazu gehören die Verringerung der Armut, die Steigerung der Nahrungsmittel- und Holzproduktion und die Verbesserung der Klimaresilienz. Als Forum für internationale Diplomatie bietet Genf die perfekte Plattform zur Förderung von FMNR und zielgerichteter Landgeneration. 

Mit dem richtigen politischen Umfeld und dem Aufbau von Glaubensbewegungen kann FMNR dazu beitragen, unseren Planeten wieder zu begrünen und eine sichere und nachhaltige Zukunft aufzubauen.


Über die Autoren

Tony Rinaudo ist ein australischer Agrarwissenschaftler, oberster Berater in Sachen Klimaschutzmaßnahmen bei World Vision Australia und Mitglied des dortigen FMNR-Aufrüstungs-Teams.  

Juliet Bell ist eine australische Klimaforscherin und Internationale Kooperationsleiterin zur FMNR-Aufrüstung von World Vision Australia. 

Athena Peralta ist Programmreferentin für wirtschaftliche und ökologische Gerechtigkeit im Ökumenischen Rat der Kirchen.

Disclaimer
Die in dieser Publikation zum Ausdruck gebrachten Meinungen sind die der Autoren. Sie geben nicht vor, die Meinungen oder Ansichten des Geneva Policy Outlook oder seiner Partnerorganisationen wiederzugeben.

Referenzen

IPBES, 2018. The IPBES Assessment Report on Land Degradation and Restoration. Secretariat of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services.

Reij, C., Winterbottom, R., 2015. Scaling up Regreening: Six Steps to Success. World Resources Institute.

Reij, C., Tappan, G., Smale, M., 2009. Agroenvironmental Transformation in the Sahel: Another Kind of ‘Green Revolution.’ IFPRI Discussion Paper.

Rockström, J., et al., 2009. A Safe Operating Space for Humanity. Nature, 461(7263), pp.472-475.

Abasse T, Massaoudou M, Ribiou H, Idrissa S, Dan Guimbo I, 2023. Farmer Managed Natural Regeneration in Niger: the State of Knowledge. Tropenbos International, Ede, the Netherlands.

Stevens, C., R. Winterbottom, J. Springer, and K. Reytar. 2014. “Securing Rights, Combating Climate Change: How Strengthening Community Forest Rights Mitigates Climate Change.” Washington, DC: World Resources Institute. Accessible at www.wri.org/securing-rights.