GPO 2024

Fragen für 2024

Dieser Artikel wurde von der GPO-Redaktion verfasst und enthält einige der Schlüsselfragen für 2024, die sich aus der Konferenzreihe des Geneva Policy Outlook im vergangenen Jahr ergeben haben.

Geneva Policy Outlook
5. Februar 2024
4 Minuten lesen

Gabriel Gomes Couto, Swetha Ramachandran, Léna Rieder-Menge, Achim Wennmann und Xinyu Yuan

Das Stellen von Fragen hilft uns, unsere Aufmerksamkeit in eine bestimmte Richtung zu lenken und über unser Denken und Handeln zu reflektieren nachzudenken. Fragen stehen im Mittelpunkt wertschätzender Nachforschung (appreciative inquiry) – dem Modell des organisatorischen Wandels, das sich auf das Beste von dem konzentriert, „was ist“, um eine Vorstellung von dem „was sein könnte“ und den Prozessen zu entwickeln, um dorthin zu gelangen.

GPO Leitfragen

Seit seiner Gründung ist der Geneva Policy Outlook zu einem Netzwerk mit rund 150 politischen EntscheidungsträgerInnen aus dem internationalen Genf herangewachsen. 2023 organisierten wir 16 informelle Austauschtreffen und unzählige bilaterale Gespräche, bei denen ein breites Spektrum an Fragen erörtert wurde, um herauszufinden, wie sich das Internationale Genf als globaler Knotenpunkt in einer sich rapide verändernden Welt ausrichten soll. Zu diesen Fragen gehörten:

  • Wie verändert sich die Welt? Für wen verändert sie sich und wer prägt sie unter welchen Umständen? 
  • Was kann als Reaktion auf diese Veränderungen getan werden und welche konkreten Maßnahmen werden dafür benötigt? Was wurde bereits getan? Welcher Zeitrahmen, welches Tempo und welcher Umfang sind notwendig, um realistische Antworten zu entwerfen und solche, die etwas bewirken? Welche Art von Ressourcen wird benötigt? 
  • Was geschieht in Genf? Wer macht was, um auf Veränderungen zu reagieren, und wie? Was geschieht an anderen Orten und wie ist Genf mit anderen politischen Zentren verbunden?
  • Welche Rolle spielt Genfs politischer Raum bei der Antwort auf weltweite Veränderungen? Wie sollte sich das Internationale Genf an weltweite Veränderungen anpassen und was kann es zum Verständnis von Veränderung und als Antwort auf Erfordernisse beitragen?

Auch im Jahr 2024 wird der Geneva Policy Outlook diese Leitfragen beibehalten und sich mit weiteren neuen Anliegen befassen. Aus dem vergangenen Jahr haben wir die folgenden zukunftsweisenden Fragen zusammengestellt, die verschiedenen Interessengruppen auf einzigartige Weise dienlich sein können: Fachleuten dienen sie vielleicht als Hilfestellung bei strategischen Überlegungen, Forschenden und Studierenden können sie bei der Suche nach politisch relevanten Forschungsfragen helfen. 

Inklusion: Wem hören wir zu?

Die erste Reihe von Fragen zielt darauf ab, wie das Internationale Genf mit einer stetig wachsenden Vielfalt an Ansichten in Zukunft umgehen wird. Wie können die in Genf ansässigen Institutionen sicherstellen, dass ihnen zugehört wird und sie mit möglichst vielen Interessengemeinschaften ins Gespräch kommen? Und wie definiert sich „Interessengemeinschaft“ überhaupt? Daran schließt sich auch die Frage an, warum man bestimmten Akteurinnen und Akteuren eigentlich „zuhören“ sollte: Könnte das Ausmaß ihrer Macht auf materiellen Ressourcen beruhen oder könnte eine solche Entscheidung auch symbolische Bedenken hinsichtlich Repräsentation und Optik beinhalten? Wie müssen verschiedene Ideen, Positionen und Ansichten in formelle Prozesse aufgenommen werden, um verantwortlichere multilaterale Systeme zu bilden? Anknüpfend daran: Welche Mechanismen sind notwendig, um unterschiedliche Sichtweisen zu moderieren? Wie können wir die Ansichten von jungen und alten Menschen, von Frauen, Mädchen und geschlechtlichen Minderheiten besser ausdrücken und repräsentieren? 

Dialog: Wie reden wir miteinander?

Wie übertragen wir Dialog in Verständnis, Vertrauen und umsetzbare Erkenntnisse?

Wie kommunizieren wir als Institutionen, Gruppen oder Einzelpersonen mit anderen in einer Welt, in der wir konstant mit Informationen – einschließlich Des- und Fehlinformationen – überflutet werden? Wie erkennen wir, was wichtig ist, und mit welchen Institutionen sprechen wir? Welche Instrumente oder Räume sind nötig, um Dialoge selbst in schwierigen Zeiten offen zu halten, und wie schützen wir solche Räume? Wie übertragen wir Dialog in Verständnis, Vertrauen und umsetzbare Erkenntnisse? Stellen Technologie und KI eine Gefahr oder eine Chance für den Dialog dar? Und wie tun sie dies? 

Systeme: Welche Global Governance für die Zukunft?

Eine entscheidende Beobachtung beim GPO-Gedankenaustausch war, dass es wichtig ist, zwischen der Frage „Wie sieht die Zukunft des derzeitigen Global Governance Systems aus?“ und der Frage „Wie sieht die Global Governance für die Zukunft aus?“ zu differenzieren. Dadurch ergeben sich Punkte wie zum Beispiel: Welche Rolle spielt die UNO in der Global Governance der Zukunft? Was ist das richtige Maß an Verpflichtung für die Beibehaltung des derzeitigen UNO-Systems gegenüber zusätzlichen Schutzschichten für den weltweiten Frieden und Sicherheit? Welche Prioritäten braucht die Global Governance und wer hat bei der Festlegung der Prioritäten ein Mitspracherecht? Wie sieht die richtige Balance zwischen Hierarchien und Netzwerken aus, um etwas zu bewirken? In welchen Bereichen sind Reformen der bestehenden Instrumente und Ansätze ausreichend und in welchen Bereichen brauchen wir neue Instrumente und Ansätze?

Tempo und Umfang: Wie schnell können wir Lösungen liefern und Probleme lösen?

Welche Art von Mechanismen, Koalitionen oder Ansätze sind notwendig, um Lösungen voranzutreiben und zu verbessern?

In einer Welt der multiplen Krisen bedürfen neue und größere Probleme dringend einer Lösung, bevor die alten Probleme behandelt werden können, was aufdeckt, wo das eigentliche Problem liegt, nämlich in einer geringen institutionellen Bandbreite, kurzen Aufmerksamkeitsspannen und technischen Herausforderungen aller Art. Wenn die ultimative Maßeinheit für den „Erfolg“ von Multilateralismus seine Fähigkeit ist, Probleme rasch und im richtigen Maße anzugehen und zu beheben, wie würde dann eine solche Messung jenseits anekdotischer Beweise aussehen? Und wer treibt sie voran? Welche Art von Mechanismen, Koalitionen oder Ansätzen sind notwendig, um Lösungen voranzutreiben und zu verbessern? Welche Rolle spielen Technologie und Künstliche Intelligenz bei der Lieferung von Lösungen und der Lösung von Problemen? Wie gehen wir mit Interessengemeinschaften um, die nicht an Lösungen interessiert sind oder als „Spielverderber“ daherkommen? Welche spezielle Rolle übernehmen Genf und andere globale Zentren, um Lösungen voranzutreiben und zu verbessern? 

Geld: Wer bezahlt den Multilateralismus?

Stellt die Philosophie vom „effektiven Altruismus“ eine Gefahr oder eine Chance für den Multilateralismus dar?

Es besteht kein Mangel an grossen Ideen für die Zukunft des Multilateralismus, doch wenn es um die Frage geht, wer bezahlt, dann ist bei vielen wegen mangelnder Finanzierung schnell die Luft raus. Sollten Staaten weiterhin als einzige den Multilateralismus finanzieren? Sind die derzeitigen Hauptgeldgeber oder aufstrebende Mächte bereit, mehr zu zahlen? Sind die vorhandenen größten FinanziererInnen des Multilateralismus bereit, neue Geldgeber aufzunehmen? Wie könnten Stiftungen oder Privatkapital zur Finanzierung eines zukünftigen Multilateralismus beitragen? Stellt die Philosophie vom „effektiven Altruismus“ eine Gefahr oder eine Chance für den Multilateralismus dar? Und wie tut er dies?

Einen Schritt zurücktreten: Stellen wir die richtigen Fragen?

Die ultimative Frage lautet schlussendlich: Stellen wir die richtigen Fragen? Unsere Neigungen, Weltanschauungen und Lebenserfahrungen lenken unsere Fragen in eine bestimmte Richtung. Darum ist es wichtig, einen Schritt zurückzutreten und über die Fragen zu reflektieren, die unsere Denken und Handeln leiten. Zum Abschluss fragen wir also Sie – unsere Leserinnen und Leser: Welche Fragen haben Sie für 2024?